Ja! Aus meiner Erfahrung heraus, absolut. Doch heilbar heißt nicht, dass Nahrungsmittelintoleranzen auch bei jedem Patienten heilen.

Entscheidend ist, ob der Patient bereit ist, sich die Themen hinter der Unverträglichkeit anzuschauen. Ernährungsumstellung, Nährstofftherapie und Darmsanierung alleine können meiner Erfahrung nach keine Heilung herbei führen. Dies sind sehr wichtige anfängliche Maßnahmen, damit das System zunächst entlastet wird. Doch dann beginnt die eigentliche Arbeit, die zur Heilung der Nahrungsmittelintoleranzen führen kann.

Wer also wirklich gerne seine Nahrungsmittelintoleranzen heilen möchte, sollte sich an dem folgenden Stufenprogramm orientieren:

  1. Nahrungsmittelintoleranzen werden festgestellt. Meist sind hier die üblichen Verdächtigen Milch, Gluten, Fruktose und manchmal auch Eier betroffen.
  2. Es wird mit einer Karenzzeit begonnen. Das bedeutet, dass die nicht tolerierten Nahrungsmittel streng gemieden werden. Dadurch kann der Körper seine Immunreaktion dagegen herunter fahren. Damit entlastet man gleichzeitig auch die Nebennieren und das ganze Hormonsystem kann aufatmen. Mittelbar wird durch die Entlastung Energie frei, die der Körper nun für die Heilung verwenden kann. Patienten fühlen sich durch die Karenz meist schon deutlich besser.
  3. Dem Körper wird eine leicht verdauliche aber nährstoffdichte Ernährung zugeführt. Diese Schonkost zielt darauf ab, dass der Körper nicht zu viel Energie auf die Verdauung verwendet und dass Nährstoffe besonders leicht im Darm resorbierbar sind. Parallel werden Nährstoffdefizite mit Mikronährstoffen ausgeglichen.
  4. Nun kann man sich den eigentlichen Ursachen der Intoleranzen widmen. Und diese liegen oft im Nervensystem und in der Psyche begründet. Meine Erfahrung zeigt, dass Verdauungsprobleme inklusive Nahrungsmittelintoleranzen in der Regel durch eine mangelnde Einrichtung des Nervenssystems und die Störungen der Bindung zwischen Mutter und Kind im Mutterleib begründet wurden.

Damit kann Heilung nur stattfinden, wenn Schritt 4 angegangen wird. Zwar ist es meist so, dass es Patienten nach den Schritten 1-3 nach recht kurzer Zeit, manchmal sogar nach Tagen, deutlich besser geht. Denn natürlich verschwinden Symptome meist umgehend, wenn der dazu gehörige Reiz entfernt wird. Doch die Symptomfreiheit ist auch ganz schnell wieder verschwunden, sobald der Patient anfängt die nicht tolerierten Substanzen wieder zu konsumieren. Zwar kann man mit Darmsanierung und Mikronährstoffen eine Verbesserung der Lage herbei führen, doch diese Maßnahmen führen in der Regel nicht zu einer Ausheilung der Intoleranz.

Warum gibt es einen Zusammenhang zwischen Nervensystem und Intoleranzen?

  • Die meisten Menschen haben sich noch nie mit ihrem Nervensystem auseinandergesetzt. Sie gehen selbstverständlich davon aus, dass die Sinnesorgane funktionieren und miteinander koordiniert sind, dass sie denken können und dass der Stoffwechsel funktioniert. Wie das Ganze passiert und was dafür nötig ist, wissen nur sehr wenige Menschen. Selbst Neurologen beschäftigen sich in der Regel erst dann mit dem Nervensystem, wenn gravierende Ausfälle bemerkbar werden. So etwas wie eine Nahrungsmittelintoleranz wird diesbezüglich selten als eine mögliche Störung des Nervensystems gesehen – dabei funktioniert im Körper ohne das Nervensystem rein garnichts. 
  • Der Darm eines Menschen reift sich erst richtig aus, wenn ein Kind auf der Welt ist. Davor wird das Kind schließlich über die Mutter versorgt. Nervliche Reize sind dabei neben den Hormonen ausschlaggebende dafür, wie der Darm mit der Nahrung umgehen soll. Das Nervensystem ist dabei der oberste Chef im System – es steht in der Hierarchie noch über den Hormonen. Das Nervensystem “erzählt” also allen Muskeln, Verdauungsenzymen etc. was sie wann wie machen sollen. 
  • Doch auch das Nervensystem ist nicht fertig entwickelt, wenn ein Baby auf die Welt kommt. Es entwickelt sich rasend schnell im ersten Lebensjahr, sehr schnell bis zum 7. Lebensjahr, reift aber bis zum 21. Lebensjahr weiter aus (weswegen wir erst zwischen dem 18-21. Lebensjahr als erwachsen betrachtet werden). Wenn ein Nervensystem also buchstäblich nicht weiß, was im Darm geschehen soll, dann kann es seine Aufgaben auch nicht gut erledigen. Bei einer Allergie oder Intoleranz kann der Körper nicht zwischen “ich” und “nicht ich” unterscheiden. Er greift an sich harmlose Substanzen und auch das eigene Körpergewebe an, was im schlimmsten Fall zu einer auto-immunen Stoffwechsellage führen kann. Doch gerade dieses Bewusstsein für das “ich” muss sich entwickeln. Der Körper fertigt im wahrsten Sinne des Wortes eine innere Landkarte von sich selber in den ersten 7 Lebensjahren an – wenn eine Entwicklung optimal verläuft. Doch sehr häufig verlaufen Entwicklungen nicht normal, wenn frühkindliche Reflexe persistieren, was bei den meisten Menschen auf die eine oder andere Weise der Fall ist.

Warum gibt es einen Zusammenhang zwischen Bindung und Intoleranzen?

  • Intoleranzen basieren auf einer fehlerhaften Immunreaktion. Auch wenn diese nicht im medizinischen Sinne mit einer auto-immunen Lage verbunden werden (z.B. durch das Vorliegen von auto-immunen Antikörpern), so geht es doch letztendlich darum, dass der Körper sich durch eine Überreaktion des Immunsystem selber angreift. Dadurch wird der Darm meist auch brüchig (Leaky Gut). Es kommt zu Verdauungsbeschwerden wie Blähungen, Mal-Absorption, Veränderungen der Stuhlbeschaffenheit. Körperlich treten Müdigkeit und Energiemangel auf.
  • Der Darm ist physisch der Ort wo unsere Ernährung faktisch statt findet. Alles was an Organen dem Darm vorgelagert ist, ist nur die Vorbereitung für den Job des Darmes.
  • Bindung ist ein biologischer Vorgang, der Säugetieren die Grundlage für Gefühle und Zustände wie Geborgenheit, Sicherheit, Wärme, Zugehörigkeit und Kontakt erlaubt. Bindungsfähigkeit wird in den ersten paar Lebensjahren etabliert (und geht mit der Einrichtung des Nervensystems einher). Aktiviert wird unsere Bindungsfähigkeit von der Mutter und später auch vom Vater oder anderen Bezugspersonen. Diese Bindungsfähigkeit ist jedoch bei den meisten Menschen nicht vollständig oder ausreichend aktiviert worden. Dies gilt selbst für Kinder, die von ihren Eltern geliebt werden und deren Eltern ihr Bestes gegeben haben.
  • Da der Körper ein ganzheitliches System ist, überträgt er häufig Themen der Psyche auf körperliche Vorgänge. Er somatisiert. Sind wir also psychisch nicht genug genährt worden oder nicht dazu in der Lage psychische “Nahrung” anzunehmen, zeigt sich das dort, wo wir auch materiell und physisch genährt werden. Gerade Milch und Eier bergen diesbezüglich noch einmal eine besondere Symbolik. Schließlich sind Eier und Milch die erste Nahrung tierischer Sprößlinge. Aber auch Gluten ist in unserer Zeit und besonders in Deutschland der große Sattmacher und ist die Grundlage für tröstendes Essen wie Spaghetti, Kuchen und Kekse. Durch eine Intoleranz kann es dann auch ganz schnell zu immer größeren Einschränkungen des Familien- und Soziallebens kommen. So manifestiert sich die durch die Intoleranz bedingte Nahrungsentsagung im Leben der Betroffenen oft auf mehreren Ebenen. Es findet wieder eine Rückkoppelung zum sozialen und psychischen Erleben statt.
  • Hiermit ist die Frage an Menschen mit einer Intoleranz: “Warum weise ich etwas zurück, was mich nähren sollte und könnte?”

Die Frage nach der Heilbarkeit von Intoleranzen hängt damit in großem Maße von dem Engagement des Patienten ab. Es sollten keine Wunderheilungen über Nacht erwartet werden. Das hier Gesagte ist auch kein Heilversprechen. Dennoch sollte man wissen, dass man sich der Diagnose “Intoleranz” nicht hilflos ausliefern muss.

In meiner Praxis begegne ich dem Thema Nahrungsmittelintoleranz mit Werkzeugen aus dem Neurotraining und der Traumatherapie damit Bindungsstörungen verarbeitet werden können.

Quelle Titelbild: Von David Castor (dcastor) – Compilation of six photos:Wine bottles by Guillaume PaumierAssorted Peaches by NaJina McEnanyCamembert Cheese by AbanimaPrawns by Frank C. MüllerHazelnuts by English Wikipedia user Fir0002Apples by Scott Bauer, CC BY-SA 3.0, Wikipedia